35 Jahre Mauerfall

Ostbeauftragter alarmiert über AfD-Wahlerfolge

25. September 2024 , 04:00 Uhr

Vor dem Tag der Deutschen Einheit legt der Ostbeauftragte Schneider seinen Jahresbericht 2024 vor. Die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen machen den Thüringer alles andere als froh.

Nach den jüngsten Wahlerfolgen der AfD zeigt sich der Ostbeauftragte Carsten Schneider besorgt. Er finde den hohen Stimmenanteil der Rechtsaußenpartei in Hessen und Bayern, aber auch in den ostdeutschen Ländern «erschreckend, ernüchternd und auch alarmierend», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Dass die Zustimmung für die AfD in Thüringen, Sachsen und Brandenburg noch höher ausfiel als in westlichen Bundesländern, sei zum Teil mit den harten Brüchen für viele Ostdeutsche in den vergangenen 35 Jahren seit dem Mauerfall zu erklären. «Aber alles fußt letztendlich auf einer politischen Entscheidung der Bevölkerung, für eine rechtsextremistische Partei zu stimmen, die mich jedenfalls alarmiert», sagte der Thüringer.

In Sachsen und Thüringen wird die AfD vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, in Brandenburg als rechtsextremistischer Verdachtsfall.

In der Außenpolitik «intensiven Dialog» suchen

Als Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland legt Schneider heute seinen Jahresbericht vor – kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit nächste Woche. Dabei geht es um das Zusammenwachsen von Ost und West, aber auch um die anhaltenden Unterschiede. Unter anderem werden der Ukraine-Krieg und die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenraketen im Osten von vielen Menschen anders eingeschätzt als im Westen.

Für Schneider ist das kein Grund für eine Kursänderung. «Nein, die Bundesregierung muss die Entscheidung treffen in der Außenpolitik, die sie für richtig hält, um Deutschland zu schützen und für eine Stabilität in Europa und der Welt zu sorgen», sagte der SPD-Politiker. Doch gehe es um die Frage: «Wie erkläre ich meine politische Entscheidung?»

In Ostdeutschland habe keine außenpolitische Debatte stattgefunden, als mit der Deutschen Einheit 1990 auch der Beitritt zu Nato und Europäischer Union gekommen sei. «Und ich finde, dass die Außenpolitik viel stärker auch eine Legitimation in Ostdeutschland suchen muss und diejenigen, die dort aktiv sind, die Leute nicht einfach so oben herab behandeln sollten, sondern sich bemühen müssen, in einen intensiven Dialog zu gehen und nicht zu tun, als hätte man die Weisheit mit Löffeln gefressen.»

Ostdeutschen nicht einreden, sie seien Opfer

Umfragen zufolge haben viele Ostdeutsche das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein. Dazu sagte Schneider, tatsächlich gebe es weiter Unterschiede bei Lohn, Gehalt und Vermögen. Aber das gelte nicht für die Lebensbedingungen. «Ich halte nichts davon, den Ostdeutschen einzureden, sie seien Opfer, im Gegenteil. Sie sind diejenigen, die sich selbst ermächtigt haben in den letzten 35 Jahren, aus dem, was wirtschaftlich und von der Substanz der DDR noch übrig war, was gebaut haben.»

Quelle: dpa

Das könnte Dich auch interessieren

10.09.2024 Symbol der friedlichen Revolution: Friedrich Schorlemmer tot Am Ende war es ruhig um ihn geworden. Aber leise war Friedrich Schorlemmer fast sein ganzes Leben nicht. Nun ist der Theologe und Bürgerrechtler gestorben. 11.09.2024 Publikums-Abstimmung zur Goldenen Henne 2024 beginnt Zum 30. Mal wird der Publikumspreis Goldene Henne vergeben. Nun startet das Voting. 04.09.2024 Merz vor Brandenburg-Wahl: Politische Mitte stärken Vor der Landtagswahl in Brandenburg spricht CDU-Chef Merz über die Lehren aus den hohen Wahlergebnissen für AfD und BSW in Sachsen und Thüringen. Seine Partei sieht er nicht vor einer Zerreißprobe. 03.09.2024 Wahl-Beben im Osten: Wie gespalten ist die Gesellschaft? Die Wahlen in Thüringen und Sachsen stellen eine historische Zäsur dar. Belegen sie eine Spaltung der Gesellschaft? Renommierte Wissenschaftler haben auch Ideen, wie sich Gräben zuschütten lassen.